Wer schon einmal auf einem Eröffnungskonzert der GC war, für den ist die Überschrift dieses Artikels nichts Ungewöhnliches. Es war vorhersehbar, dass dieses Konzert wieder alles sprengt, was bisher da gewesen war. Erstmals wurde die Orgel im Gewandhaus zu Leipzig eingesetzt. Und erstmals sorgte ein Chor für die richtige Untermalung der Musik, was den wohligen Schauer auf dem Rücken nur noch verstärkte.
Ja, man hat Gänsehaut. Vom ersten Ton an. Mit der Musik von “Anno 1701” wurde (nach der Eröffnungsfanfare von Andy Brick) das Konzert begonnen. Eine Weltpremiere, schließlich kommt das Spiel erst Ende des Jahres auf den Markt. Die Suite aus dem Hauptthema und dem Titel “Enter the city” waren großartig. Komponiert wurde die Musik von Tilman Sillescu.
“Black” heißt ein Ego-Shooter von Electronic Arts, der Anfang des Jahres erschien. Die Musik dazu schrieben Chris Tilton und Michael Giacchino, die auch schon für die TV-Serie “Alias” tätig waren. Wir hörten das Main-Theme.
Auf der Welttournee “PLAY!” wurde das Arrangement der Musik zu “Sonic the Hedgehog” zum ersten mal gespielt. In Leipzig erklangen die Töne zum kleinen Igel erneut. Man konnte sich regelrecht vorstellen, wie Sonic durch die Gegend hüpft und rollt. Komponist ist Masato Nakamura.
“Dreamfall: The longest Journey” überzeugt mit aufregenden Grafiken. Dass die Musik ebenso atemberaubend ist, bewies das FILMharmonic Orchestra eindrucksvoll. Die Suite aus dem Main-Theme und Kian’s Theme kam von Leon Willett.
Was danach kam, ging gar nicht. Die so genannte Eröffnungsrede hielt Hans Ernst Hanten, seines Zeiches Ministerialdirigent aus der Gruppe Medien, internationale Angelegenheiten im Kultur- und Medienbereich beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Wer so viel Text braucht, um seinen Posten zu erklären, hat auch viel zu sagen. Gefühlte 30 Minuten (wer hat mitgestoppt?) lamentierte er über Medienpädagogik, die Verschmelzung von allen Medien miteinander und die Aufgaben, die daraus für Politik und Publisher erwachsen. Ja, Hanten wärmte sogar noch einmal das Drama am Erfurter Gutenberg-Gymnasium auf und meinte, danach hätten die Publisher es vorgezogen, gar nicht mehr mit der Politik zu reden. Alles gut und schön. Aber auf einem Eröffnungskonzert hat so eine Grundsatzrede nichts zu suchen. Schon gar nicht in dieser Länge. Die letzten Sätze gingen im Applaus unter. Ernst Hanten wurde rausgeklatscht. Ich glaube, verstanden hat er’s nicht.
Dafür kam dann der Mann, der Beifall wirklich verdient hat: Will Wright, Vize-Präsident und Chef-Designer von Electronic Arts hielt seine Keynote. Und bewies im Gegenteil zu dem Mann mit dem langen Titel Einfallsreichtum und Witz. Eine Landwand wurde heruntergelasse. Mittels Beamer, lustigen Grafiken und kleinen Pointen erklärte Wright seine Sicht auf die Verschmelzung der Medien.
Danach kam das, worauf ich mich sehr gefreut hatte: “Final Fantasy VI” wurde erstmals mit Chor, Orgel und Orchester vorgetragen. Der Titel “Dancing Mad” startete langsam und entlud sich in einem Solo von Daniela Kosinova an der Orgel. Unbeschreiblich.
Der Rest im Schnelldurchlauf, damit’s nicht so viel wird: aus “Gothic 3” wurde das Main-Theme aufgeführt. Darauf folgte ein speziell für die GC arrangiertes Stück aus “The Revenge of Shinobi“, einem Spiel von 1989. Das Theme aus “The Legend of Zelda” erklang im Anschluss.
Aus “Castevania: Symphony of the Night” von 1997 spielte Michiru Yamane, die Komponistin der Musik, selbst auf dem Cembalo das Stück “Wood Carving Partita”. Danach folgte ein Medley aus allen “Castlevania“-Spielen von 1986 bis 2005.
Traurig wurde es danach. “Shadow of the Colossus” stand an. Die melancholische Musik unterstreicht die Handlung des 2005 in Japan vorgestellten Spiels perfekt: der Held Wanda muss das Leben eines Mädchens retten und dabei durch eine trostlose Landschaft reiten. Zauberhafte Musik, die manchem vielleicht zu traurig erschien.
2004 durfte ich ihn kennen lernen, dieses Jahr hatte er leider bei Factor 5 zu tun: Chris Hülsbeck wurde natürlich auch wieder gespielt. Daniela Kosinova spielte das Main-Thema von “Turrican 3” auf dem Klavier. Bezaubernd und unheimlich nah am Orginal, aber trotzdem doch ganz anders.
Kraftvoll ging der Abend zu Ende: “One-Winged Angel” aus “Final Fantasy VII” wurde vorgetragen. Mit einem Tusch endete das Konzert urplötzlich.
Die Standing Ovations und der Beifall danach wollten nicht aufhören. Mir tun jetzt noch die Hände weh. Völlig egal, wenn man so einen schönen Abend erlebt. Andy Brick ließ sich zurecht feiern, die anwesenden Komponisten bekamen Blumen. Nur einer blieb wie immer im Hintergrund: der Mann, der das alles organisierte – Thomas Böcker. Er mag bescheiden und schüchtern sein. Von mir gibts jedenfalls einen dicken Applaus, Respekt und Anerkennung. Danke, Thomas, danke Andy, danke FILMharmonic Orchestra. Ihr ward großartig.